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"Unsere Wurzeln liegen beim FC St. Pauli"

Viva con Agua wird dieses Jahr 15 Jahre alt. Seit zehn Jahren sammeln die ehrenamtlichen Unterstützer*innen bei jedem Heimspiel Pfandbecher am Millerntor. Benjamin Adrion, ehemaliger Profi beim FCSP und Gründer der Trinkwasserinitiative, zieht Bilanz.

Benny, Viva con Agua wird dieses Jahr 15 Jahre alt. Was war die Initialzündung dafür, dass Du gesagt hast: "Ich setze mich dafür ein, dass alle Menschen einen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben"?

Die Initialzündung war das Trainingslager mit dem FC St. Pauli Anfang 2005 auf Kuba. Danach hatte sich mein Bedürfnis, mich sozial stärker zu engagieren verfestigt und ich habe nach unserer Rückkehr gemerkt, dass dieser Verein mit seinen Fans, dem Stadtteil und der internationalen Strahlkraft ein nahezu unerschöpfliches Potential in seinem Umfeld hat. Ich habe darin ein Ökosystem für gesellschaftliche Veränderung gesehen. Für mich war es eine große Motivation, zu erkennen wie dieses Netzwerk als Katalysator fungieren kann, um positive Veränderung anzustoßen. Kuba und unser erstes Wasserprojekt dort war dann der Aufhänger.

Welche Rolle hat der Verein letztlich gespielt?

Der FC Sankt Pauli hat das alles erst möglich gemacht. Die besondere Haltung, die hier vorherrscht, die Solidarität, die Bereitschaft für gesellschaftliches Engagement. In dieser Hinsicht ist der FCSP einmalig in Deutschland, vielleicht sogar weltweit. Daher war diese Ausgangslage für Viva con Agua der entscheidende Faktor, um kraftvoll zu starten und erfolgreich zu sein. Es waren die Menschen im Umfeld des Vereins, die VcA von Anfang an mit Leben gefüllt haben. Bis heute ist VcA ein Ergebnis all der aktiven Menschen, die sich mit uns gemeinsam einsetzen. Demnach ist Viva con Agua letztlich ein Teil und ein sozialer Ausdruck vom FCSP. Das sind unsere Wurzeln!

Oke Göttlich war auch schon früh involviert.

Oke war nach dem Trainingslager 2005 mit mir auf der Auftaktreise von Viva con Agua in Kuba dabei. Er war damals bei der TAZ und hat die Reise begleitet, um danach die ersten Presseveröffentlichungen zu koordinieren. El Presidente – ein Mann der ersten Stunde für VcA!

Was war Dein besonderer Moment als Spieler des FC St. Pauli?

Jedes Mal in dieses Stadion einzulaufen und einen Blick auf die Ränge zu werfen, während Hells Bells läuft. Das ist der Moment. Immer wieder aufs Neue.

Seit zehn Jahren sammelt Viva con Agua Pfandbecher im Millerntor. Hast Du in der Anfangszeit oft mitgesammelt?

Pfandbechersammeln habe ich viele Jahre aktiv praktiziert. Im Stadion und vor allem auf Festivals. Es ist auch heute noch ein Riesenspaß, wenn man sich der Becherjagd vorbehaltlos hingeben kann. Leider bin ich in letzter Zeit weniger dazu gekommen. Gerade für diesen Sommer nehme ich mir jedoch wieder einige Festivals vor. Schließlich werde ich einen großen Teil des Sommers mit meiner Familie in unserem VW Bus verbringen, nachdem wir unsere Wohnung in Hamburg aufgegeben haben und ein paar Monate in Südafrika verbringen.

Was geht in Südafrika?

Einiges! Wir bauen Viva con Agua Südafrika auf. Seit Jahresbeginn gibt es hier eine eigene eingetragene Organisation und wir implementieren erstmals ein eigenes Trinkwasserprojekt, bei dem wir nicht die Projekte einer Partnerorganisation unterstützen. Das Netzwerk hier aufzubauen, erinnert an die Zeit vor 15 Jahren in St. Pauli. Es macht gerade jedenfalls großen Spaß und ist sehr motivierend.

Was ist das Verrückteste, das Du mit Viva con Agua erlebt hast?

Es sind viele verrückte Dinge passiert. Sicherlich gehört der Water Walk 2018 dazu. Wir haben es nicht wirklich für möglich gehalten quer durch Ruanda und Uganda zu laufen. Am Ende haben wir mit einer Gruppe von 60 Menschen die Strecke von Kigali nach Kampala in 23 Tagen bewältigt. Über 500 Kilometer. Die Gastfreundschaft und Offenheit, die wir währenddessen erlebt haben, ist für mich nach wie vor überwältigend. Nicht ein böses Wort, keine feindseligen Blicke, überall offene Arme und Lachen. Menschen haben uns in ihren Vorgärten zelten lassen und wir haben die Toiletten geteilt. Das ist schon eine einmalige Erfahrung, insbesondere wenn man berücksichtigt, dass in Deutschland viele Menschen noch immer mit Angst auf den afrikanischen Kontinent blicken. Meine Augen wurden diesbezüglich mehrmals geöffnet. 

Sport ist eine universelle Sprache, die Menschen aus aller Welt berührt und verbindet. Wieso eignet sich der Fußball da besonders gut?

Fußball verbindet die ganze Welt. Jeder und jede kann sofort mitmachen. Aktuell kann ich gerade in Südafrika sehen, welche Rolle der Fußball im Leben der Menschen spielt. Sie kommen zusammen, sie spielen gemeinsam, Freundschaften entstehen jenseits von Diskurs und Debatte, es geht um Emotionen und Miteinander, im Moment zu sein gemeinsam auf einem Feld. Das ist kraftvoll! Fair Play halte ich zudem für eine sehr wichtige universelle Grundregel, die mir der Fußball beigebracht hat. Wir sollten viel mehr davon haben, insbesondere auch in der Politik und im wirtschaftlichen Bereich.

Was wünschst Du Dir für Viva con Agua in den nächsten 15 Jahren?

Viva con Agua wird in 15 Jahren hoffentlich noch viel internationaler sein als heute. Wir sehen immer mehr Aktivitäten von VcA auf dem afrikanischen Kontinent, immer mehr Aktivist*innen, mehr Synergien, mehr Möglichkeiten. Auch in Kalifornien rockt Micha Fritz eine neue Ebene und sprudelt vor Ideen in diesem neuen Umfeld. Das alles wird weiter organisch wachsen und dabei bewahren wir unsere Haltung und DNA. Die Welt braucht engagierte Menschen, die sich freudvoll gemeinsam einsetzen für das Leben, Wasser, die Liebe. Nun ja, dem haben wir uns verschrieben und wir freuen uns über jede*n, der/die in den vergangenen 15 Jahren dazu beigetragen hat und sind dankbar für jeden, der/die in den kommenden Jahren noch dazu kommt. Let‘s rock the world in a nice way!

 

Text: Viva con Agua

Fotos: Stefan Groenveld / Marco Fischer

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