„Präsentiere, was du hast“ - Vortrag für NLZ-Talente zum Übergang in den Profi-Bereich
Donnerstag, 28. September 2017, 12:48 Uhr
Am Mittwochabend (27.9.) stand für unsere U23 und U19 eine ganz besondere „Trainingseinheit“ auf dem Plan. NLZ-Sportpsychologe Michael Schirmer und NLZ-Mentaltrainer Daniel Klewer hatten unsere Nachwuchskicker, aber auch unsere Nachwuchs- und Athletiktrainer in den Besprechungsraum an der Kollaustraße geladen, um mit ihnen über das Thema „Übergang in den Profifußball“ zu sprechen.
Für viele junge Spieler stellt der Schritt zu den Profis eine hohe Hürde und große Umstellung dar. Um sie auf diesen Weg vorzubereiten und ihnen Tipps und Ratschläge zu geben, hatte das Nachwuchsleistungszentrum Sergej Evljuskin eingeladen, dem als gefeierter Jugendspieler und Kapitän der U17-Nationalmannschaft der große Sprung, trotz bester Voraussetzungen, verwehrt geblieben war und der heute in der Regionalliga bei Hessen Kassel spielt. Seinen Weg hat Sergej aufgeschrieben und als Buch veröffentlicht.
Sergej Evljuskins Fußball-Karriere begann beim Braunschweiger SC, nachdem er mit seinen Eltern im Alter von zwei Jahren aus der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland gekommen war. In Braunschweig wurde er schnell zum umjubelten Spieler und übersprang oft eine Altersklasse. Mit 15 Jahren wechselte er zum VfL Wolfsburg und auch dort setzte sich seine Erfolgsgeschichte fort. „Schritt für Schritt ging es hoch und mein Traum wurde realer“, berichtet er aus dieser Zeit. Genau wie die Kiezkicker, die ihm am Mittwochabend gebannt zuhörten, wollte er Profi werden.
Der Weg war vorgezeichnet, denn nach der U19 folgte zügig der Sprung in den Profikader des VfL. Und dieser Sprung fühlte sich nicht so an wie gedacht. „Ich war geradezu erschrocken, als ich die ersten Male bei den Profis mittrainiert habe. Es war ein anderes Spiel. Die Härte und Schnelligkeit im Training haben mich überrascht“, berichtet er den anwesenden Kiezkickern, die in der Vergangenheit bereits zum Teil einzelne Einheiten mit der Mannschaft von Olaf Janßen absolviert haben. Evljuskins Karriere kam ins Stocken, nach einem Trainerwechsel bei den Profis fand er sich „nur“ noch in der U23 wieder. Später spielte er kurz für Hansa Rostock und in der 3. Liga für Babelsberg.
„Es reicht nicht, bei den Profis einfach nur mitzutrainieren“
Was sind die Lehren, die der heute 29-Jährige aus seiner Karriere zieht? „Als junger Spieler kommt es darauf an, dass du dich zeigst. Woher soll der Trainer wissen, dass du einen starken linken Fuß hast, wenn du nur Querpässe spielst? Präsentiere was du hast, habe dabei aber natürlich Respekt vor den erfahrenen Spielern“, rät er den Kickern von U23-Cheftrainer Joachim Philipkowski und U19-Cheftrainer Remi Elert. Weiter sei es wichtig, seine Hemmungen und Schüchternheit abzulegen, erklärt Evljuskins, der sich im Training nicht getraut habe, die einfachsten Kommandos zu geben. „Es reicht nicht, bei den Profis einfach mitzutrainieren, ihr müsst versuchen, besser zu sein. Dazu gehört auch, dass man an sich arbeitet. Jeden Tag.“
Neben dem absoluten Willen, sich durchzusetzen, gibt es aber natürlich weitere Komponenten, die für einen guten Übergang wichtig sind. „Glaubt an Euch und auch an den Verein. Die Identifikation mit dem Klub ist ganz wichtig. Vertraut dem Verein und wechselt nicht zu schnell dahin, wo es das große Geld gibt“, rät er den Talenten. Das Gespräch wurde in Interview-Form abwechselnd von Michael Schirmer und Daniel Klewer geleitet. Zum Schluss fand eine lebhafte und interessante Fragerunde statt.
NLZ-Leiter Roger Stilz unterstrich nach der Veranstaltung die Bedeutung der psychologischen Komponente in der Ausbildung der jungen Kiezkicker: „Wir sind überzeugt davon, dass die mentale Verfassung auf dem Weg zum möglichen Profi eine sehr große Rolle spielt. Deshalb haben wir den Bereich auch im Sommer mit dem Zuzug von Daniel verstärkt. Michael und Daniel haben mit Sergej zusammen einen sehr informativen Abend organisiert. Es war gut und wichtig für die Jungs, von einem ehemals großen Talent, konkrete Tipps und mögliche Stolpersteine erfahren zu haben. Es waren zentrale Botschaften dabei.“
(lf)
Fotos: FC St. Pauli
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