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NLZ-Chef Stilz: "Zufrieden sein ist nicht unser Naturell"

Seit Sonntag (16.6.) befindet sich unser Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) mit seinem Spielbetrieb in der Sommerpause. Neben den guten Einzelresultaten haben in der abgelaufenen Spielzeit gleich einige Eigengewächse ihren Mann bei den Profis gestanden. Wir haben mit dem Sportlichen Leiter und Gesamtleiter des NLZ, Roger Stilz, u.a. über die positive Entwicklung im braun-weißen Nachwuchsfußball aber auch die Arbeit über den Fußballplatz hinaus gesprochen.

Moin Roger,

eine lange und weitestgehend erfolgreiche Spielzeit liegt hinter dem NLZ. Was ist Dir am Ende der Saison wichtiger: Der Tabellenplatz oder die individuelle Entwicklung der Spieler?

Die individuelle Entwicklung der Spieler. Diese ist allerdings nicht möglich, wenn man immer nur unten drinsteht. Man braucht gute Teamkader, um auch den einzelnen richtig fördern zu können. Deswegen gehört beides dazu und hängt miteinander zusammen. Für uns geht es am Ende nicht darum, ganze Mannschaften in den Profibereich zu bekommen, sondern einzelne Spieler.

Besonders interessant war auch, dass mit Igor Matanovic und Nathanael Kukanda zwei Spieler des jüngeren Jahrgangs bereits in der B-Jugend Bundesliga dabei waren. Eine Ausnahme oder wird es das auch in Zukunft geben?

Grundsätzlich haben wir eine klare Formel: Wenn Spieler einen Jahrgang höher spielen, dann muss die Wahrscheinlichkeit hoch sein, dass die Spieler auch viel Spielzeit bekommen und womöglich auch in der Startelf stehen. Ansonsten wollen wir keine Spieler aus ihrer Jahrgangs-Mannschaft rausnehmen, weil die Spielzeit für die Talente mit das wichtigste ist. Bei Nathan und bei Igor waren wir uns sicher, dass sie viel Spielzeit bekommen werden. Sie haben gute Leistungen gezeigt. Dennoch wird das nicht die Regel sein, auch wenn es in Zukunft Sonderfälle geben könnte, bei denen man darüber nachdenkt.

Wenn die Leistungs-Teams von der U15 bis zur U23 ihre Spiele an einem Wochenende gewonnen haben, haben Du und Björn Benke aus der NLZ-Leitung eingeladen und Ihr seid gemeinsam mit allen Trainerteams essen gegangen. Wie wichtig ist der Austausch und der Zusammenhalt im NLZ?

Der fachliche Austausch und auch das menschliche Zusammenkommen sind zwei zentrale Punkte. Einen weiteren Begriff, den ich stets kommuniziere und auch transportiert haben möchte, ist Offenheit. Darauf lege ich großen Wert. Meine Mitarbeiter wähle ich auch dahingehend aus, dass sie nicht nur eine große Leidenschaft für den täglichen Job mitbringen, sondern, dass sie auch dem Kollegen zuhören, andere Meinungen respektieren und offen sind für kritisches Feedback und andere Gedanken. Jeder hat seinen eigenen Fußball im Kopf und das muss man auf einen Nenner bringen. Ich möchte, dass man sich für den Nebenmann, den Trainerkollegen und die anderen Teams interessiert. Mit so einer Maßnahme wecken wir dieses Interesse zusätzlich. Ich habe definitiv nichts dagegen, auch in der kommenden Saison diesen Essens-Brauch aufrecht zu erhalten (lacht).

Die Früchte Eurer Arbeit im NLZ wurden bereits im Profibereich geerntet. Wie stolz seid Ihr auf die Jungs, die es aus Euren Reihen geschafft haben und inwiefern seht Ihr das auch als Auszeichnung für Eure Arbeit?

Unser aller übergeordnetes Ziel ist, Spieler ans Millerntor zu bekommen. Nicht nur auf die Bank, sondern auf den Rasen. Das ist unser täglicher Antrieb und darüber freuen wir uns enorm. Ein Beispiel dafür ist das Auswärtsspiel der Profis in Dresden, was wir an der Kollaustraße geguckt haben und wo sich U19-, U17-Spieler, Athletiktrainer und Betreuer nach ihrem Training in noch verschwitzten Klamotten um den Bildschirm platzierten. Da ist eine bunte Runde zusammengekommen, die sehen wollte, wie es Ersin, Finn Ole und Flo ergeht. Die Jungs, die oben ankommen – und das sage ich immer wieder – haben zum einen eine Verantwortung gegenüber ihren Kollegen, die sich für sie freuen, und vor allem auch eine Strahlkraft auf den einzelnen Spieler, der auch auf die 2-Liga-Bühne möchte. In solchen Momenten freue ich mich auch für und über die unzähligen AFM-Mitglieder, die uns jedes Jahr unterstützen und ohne die solche Erlebnisse und Resultate schlicht nicht möglich wären.

Gleichzeitig spielen auch in der kommenden Saison noch einige Kiezkicker mit Profivertrag in NLZ-Mannschaften. Müsst Ihr den Jungs auch den Druck von den Schultern nehmen?

Es ist für uns elementar wichtig, gerade und ehrlich zu sein in den Rückmeldungen. Nicht nur den Spielern, sondern auch den Eltern und Beratern gegenüber. Nichts ist schlimmer, als wenn sich ein Spieler aufgrund eines Vertrags schon irgendwo anders wähnt, wo er noch gar nicht ist. Einen Profivertrag unterschrieben zu haben heißt eben nicht, weniger fleißig zu sein – im Gegenteil. Es heißt auch nicht, dass der Spieler dann automatisch spielt. Und diese Realität müssen wir als Trainer, Leiter, Kaderplaner transportieren. Das ist unser Job. Das ist nicht immer ganz einfach, weswegen es darum geht, das gut zu moderieren. Dafür haben wir eine große Anzahl Mitarbeiter, die damit sensibel umgeht. Es hilft nichts, irgendjemanden etwas vorzumachen. Wir müssen bei der Wahrheit bleiben und es ist elementar und entscheidend, dass wir die Jungs gut, fundiert und individuell einschätzen.

Die Messlatte liegt nach diesem erfolgreichen Jahr besonders hoch. Weswegen wird Euch in der kommenden Saison trotzdem ein weiterer Schritt gelingen?

Wenn man Blut geleckt hat, und das haben einige Mannschaften erfahren, dann will man das auch wiederhaben. Der Hunger lässt nicht nach – im Gegenteil: Am ersten Trainingstag der Profis werden auch wieder Spieler der U23 und U19 dabei sein. Das hat Signalwirkung und die Menschen um die Spieler herum merken, dass beim FC St. Pauli im Übergang zu den Profis etwas passiert ist und weiterhin positive Dinge passieren werden. Deswegen ist mir nicht bange, dass wir uns nicht weiter verbessern können. Zufriedenheit entspricht nicht meinem und nicht unserem Naturell. Es gibt nur ganz wenige Zeiten, in denen man sich ausruhen kann – wie zum Beispiel in der Sommerpause. Wir haben ehrgeizige Trainer, die vorangehen wollen. Deswegen glaube ich auch, dass wir in der kommenden Saison eine gute Rolle spielen werden.

Vielen Dank für das Gespräch, Roger!

 

(ms)

Foto: Witters

 

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