Ernährung im NLZ: "Ausnahmen sind wichtig für das Gemüt"
Montag, 18. Mai 2020, 10:00 Uhr
Ein Leben als Fußballprofi ist für viele Jugendliche ein Kindheitstraum. Der Weg dorthin aber ist oftmals lang. Und es ist mitnichten so, dass nur das Talent zählt, sondern vor allem auch Dinge wie Fleiß, Disziplin und Ehrgeiz eine übergeordnete Rolle im Werdegang eines Fußballers spielen. Dazu zählt auch eine leistungssportgerechte Ernährung, deren Relevanz immer noch zunimmt und die unseren Kiezkickern aus dem Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) in der aktuellen Zeit eine willkommene Abwechslung bietet.
Der Ball, das Spielfeld, die Kabine. Sie fehlen und sind nicht zu ersetzen. Seit zwei Monaten arbeiten unsere NLZ-Spieler von zu Hause aus. Der positive Effekt des Durchatmens weicht dem Sehnsuchtsgefühl. Deswegen ist Abwechslung wichtig. Nach Absprache zwischen Sportlicher Leitung, Chef-Athletiktrainer Lukas Arenas und den Trainern der jeweiligen Teams haben jeweils die U16 bis zur U19 unter sich eine Koch-Challenge gestartet, um den "Perfekten Teller" in den eigenen vier Wänden selbst zu gestalten und zuzubereiten. "Das eine ist die Theorie auf dem Blatt Papier und das andere ist die Praxis", sagt NLZ-Leiter Roger Stilz. "Deswegen finde ich die Idee sehr gut."
Der "Perfekte Teller", wie er im NLZ genannt wird, setzt sich aus Kohlenhydraten, Fetten, Vitaminen und Proteinen zusammen, die mit der richtigen Dosis sportgerecht portioniert werden sollten. Bei der Koch-Challenge sollten die Kiezkicker die verschiedenen Schritte ihres Gerichts auf Video dokumentieren und kommentieren. Dadurch wird der Spaß- mit dem Lernfaktor vermischt. "Wenn wir das immer wieder, gut und bunt aufbereitet, auf die Tagesordnung bringen, dann setzen sich die Spieler damit auch auseinander", sagt Stilz. "Es ist ganz oft so, dass Spieler in der Reha das Thema Ernährung intensiv angehen, weil sie sich im Verletztenstand intensiver in den eigenen Körper reinhorchen. Der Phase wollen wir natürlich zuvorkommen. Des Weiteren haben wir auch einfach als NLZ einen schlichten Bildungsauftrag, um die unterschiedlich aufgestellten Haushalte auf Leistungsjugendfußball einzustimmen."
Schon vor der Corona-Krise nahm das Thema "Ernährung" im regulären Trainingsbetrieb eine große Rolle ein. Die Nachwuchsspieler der Leistungsteams bekommen aus der Athletikabteilung klare Empfehlungen, die sich aus Blutuntersuchungen ableiten. Im Moment nutzt das NLZ die Zeit, um die Aufklärungsarbeit zu fokussieren. "Im Endeffekt ist der Körper das Kapital des Sportlers", erklärt Stilz. "Wenn er die Maschine schlecht füttert, wird sie schlecht laufen. Deswegen ist eine gesunde Ernährung wichtig."
Die Ernährung ist der Motor für den Leistungssportler. Dabei macht es die Summe und nicht die ein- zelne gute Mahlzeit. Wenn wir von drei großen Tellern pro Tag ausgehen, dann sind das 21 Teller in der Woche, 84 im Monat und ziemlich genau 1000 Teller pro Jahr. Wenn der Spieler nun pro Woche fünf der sieben Tage richtig gute, perfekte Teller kreiert, dann landet er bei 15 Top-Tellern pro Woche, 60 im Monat und 720 pro Jahr. Damit hat er eine gute Quote und kann so seine Leistungssteigerung unterstützen. Ein umgekehrtes Verhältnis wäre nicht förderlich. "Im Endeffekt muss ein jeder das auch seinem Gusto und seinem Maß anpassen", betont Stilz. "Die Disziplin einzuhalten ist sehr typenabhängig. Und Ausnahmen sind einfach auch wichtig für das Gemüt. Wenn du dich an fünf von sieben Tagen an den Plan hältst, dann bist du gut versorgt und hast auch an den anderen beiden Tagen, an denen du dir mal etwas anderes gönnst, ein gutes Gewissen."
Selbst an der Weltspitze des Sports verdeutlichen die Besten ihrer Zunft wie der 17-malige Ten- nis-Grand-Slam-Champion Novak Djokovic oder Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton, die vegan leben, den Stellenwert ihrer Ernährung. Und auch das NLZ beschäftigt sich damit, ein noch größeres Bewusst- sein für eine sportgerechte Ernährung zu schaffen. "Wir könnten uns vorstellen, die Räumlichkeiten des Vereins zu nutzen, um Koch-Workshops, die wir bereits mit unseren Talenthausspielern gemacht haben, auch mit den Mannschaften durchzuführen", verrät Stilz. Und vielleicht resultieren aus einer be- wussten leistungsportgerechten Ernährung die wenigen Prozentpunkte, die am Ende den Unterschied zwischen Traum und Realität ausmachen.
(ms)
Fotos: FC St. Pauli